Heinz Liebscher

Wie Georg Klaus seine Philosophie im Zeitalter interdisziplinären Denkens verstand

Resümee:

Schon beim jungen Georg Klaus zeigten sich Interesse wie Begabung für Mathematik und mathematische Naturwissenschaften. Beides hat seine philosophische Denkweise nachhaltig geprägt.

Vom Einsatz präzisierender mathematischer Beschreibungsmittel auf philosophischem und methodologischem Gebiet versprach er sich eine Fortentwicklung seiner Philosophie, des dialektischen Materialismus. Zu wesentlichen Aspekten des Werkes von Georg Klaus habe ich mich schon früher ausführlich geäußert. Der heutige Anlass scheint geeignet, die Beziehungen von Mathematik und Philosophie in der Sicht von Georg Klaus zu vertiefen.

Am klarsten und rigorosesten hat er sich zu diesen Beziehungen in seiner „Spezielle Erkenntnistheorie“ geäußert, weil er hier direkt auf das Verhältnis von Mathematik und Philosophie, von mathematischen Begriffen zu philosophischen Kategorien und auf die nach seiner Überzeugung auf diesem Gebiet zu erwartenden künftigen Entwicklungen eingegangen ist. Zahlreiche philosophische Fragen haben sich bereits mit den Hilfsmitteln der Logik und der Mathematik entscheiden lassen. Die moderne Entwicklung der mathematischen Logik, der Algorithmentheorie, der Kybernetik usw. geben Ausblicke auf eine völlige Neugestaltung der Philosophie in den kommenden Jahrzehnten.

Es lässt sich detailliert zeigen, dass Georg Klaus bezüglich der Kybernetik, und dort schon wegen des untrennbaren Zusammenhangs von Kybernetik und Mathematik, ganz ebenso gedacht hat. An seiner Überzeugung vom Modellcharakter der kybernetischen Teildisziplinen im Sinne der mathematischen Axiomatik hat Klaus trotz aller Einwände und ideologischer Verdächtigungen in seinen wissenschaftlichen Arbeiten unbeirrt festgehalten.

Bei allen Äußerungen von Klaus zu den Beziehungen oder den künftig möglichen Beziehungen zwischen Philosophie und Mathematik handelt es sich keineswegs um Spekulationen, sondern sie beruhen auf seiner eingehenden Kenntnis von Entwicklungen in der theoretischen Philosophie.

Was die in der „Speziellen Erkenntnistheorie“ von Klaus geäußerten Vorstellungen über die weitere Entwicklung der Philosophie betrifft, müssen sie vor dem Hintergrund der beachtlichen Entwicklung der Mathematik und der Logik im 20. Jahrhundert gesehen werden. Die Mathematik als allein unter dem Patronat der klassischen Mengenlehre stehend zu begreifen, entspricht keineswegs den modernen Auffassungen von Mathematik.

Aus meiner mehr als ein Jahrzehnt währenden unmittelbaren Zusammenarbeit mit Georg Klaus kann ich nur bestätigen, wie lästig ihm Diskussionen um den Gegenstand von wissenschaftlichen Disziplinen waren. Eine Folge dieser Haltung war freilich, dass es für ihn kaum Grenzen zwischen theoretischer Philosophie, Wissenschaftstheorie und allgemeiner Methodologie der Wissenschaften gibt, und auch, dass die weltanschaulich-ideologische Funktion der Philosophie zuerst in ihrer wissenschaftstheoretischen und methodologischen Funktion besteht.

Mathematik und Kybernetik betrachtete er als Brücken zwischen den Wissenschaften.